01.12.02 - 22.01.03: Kilometer um Kilometer (Torsten) | ||
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San Pedro de Atacama ist - wie bereits im letzten Bericht erwähnt - tatsächlich ein regelrechtes Touristennest! Daran ändert auch das - aufgrund der unasphaltierten, staubig-sandigen Straßen, durch die der Wind heult - aufkommende "Wildwest-Feeling" nichts. In jedem kleinen Adobe-Ziegel-Häuschen befinden sich entweder ein Café, ein Souvenirladen oder ein Restaurant und zusätzlich schlendern Unmengen von Touristen durch das kleine Nest. Wir verbringen viel Zeit in unserer "Herberge", dort können wir selbst kochen (im Ort ist alles ziemlich teuer), die Motorräder wieder flott machen (es gibt doch Einiges zu schweißen) und geruhsam Tagebuch schreiben oder lesen. Wir besuchen die nahegelegenen Ruinen von Pukara und verbringen einen stimmungsvollen Abend im 20km entfernt gelegenen, skurrilen "Valle de la Luna". Dort genießen wir den Sonnenuntergang und lassen unsere gefesselten Blicke von Nord nach Süd (und zurück) entlang der Andenkordillere von Vulkan zu Vulkan schweifen. Ein anderer Tagesausflug führt uns zum geologisch interessanten Salar de Atacama. Dieser ist ebenfalls - wie der von Uyuni - riesig groß, doch von seiner Struktur her völlig anders. Die Oberfläche ist überhaupt nicht plan, sondern sieht eher aus, wie frisch gepflügt, mit dem einzigen Unterschied, daß alles weiß und nicht erdfarben ist. Die Salzschollen können bis zu 70cm hoch wachsen. Da es in dieser Region quasi niemals regnet, kann das Wechselspiel von extremen Nachtfrösten und wüstenartigen Tagestemperaturen (mit extrem hoher Verdunstungsrate) dieses Relief formen. |
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Immerhin 8 Tage halten wir es in San Pedro aus, dann zieht es uns weiter nach Westen Richtung Calama und weiter hinunter an die pazifische Küste nach Antofagasta. Doch erst einmal campieren wir in Calama und versuchen abends ein Restaurant aufzuspüren - erfolglos. Schließlich landen wir in der "Mega-Einkaufs-Mall", ganz nach amerikanischem Vorbild. Es ist Sonntag Abend nach 21:00 Uhr und die Supermärkte und Geschäfte sind alle überfüllt. In der Mitte der Mall ragt ein 20m hoher, bunt geschmückter Weihnachtsbaum in die Höhe und der leibhaftige Weihnachtsmann läßt sich nebendran mit den Kindern fotographieren. Uns kommt die Szenerie unwirklich und absurd vor, "Aber Moment mal, da war doch noch ´was!" Richtig, wir hatten völlig vergessen, daß wir uns inmitten der Vorweihnachtszeit befinden. Am nächsten Tag - wir durchqueren trockene, steinwüstenartige, trist-graue Landschaften - passieren wir verlassene Geisterorte auf dem Weg nach Antofagasta. Es sind die alten, verlassenen "Oficinas" der Salpetergewinnung zwischen 1890 und 1930. |
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Schließlich überfahren wir den "Tropico de Capricornio", den südlichen Wendekreis im Tierkreiszeichen des Steinbocks (für uns als "Steinböcke" von besonderer Bedeutung), bevor wir Antofagasta erreichen. Von hier müssen wir über 280km durch die trockenste aller Wüsten brummen: Die Atacama - Wüste. Zum Glück ist die Straße asphaltiert, sie ist Teil der Panamericana. In einem kleinen Küstenort namens "Taltal" schlagen wir unser Zelt direkt am Strand auf, das erste Mal wieder, seitdem wir vor Monaten Costa Rica verlassen haben. Von "Taltal" führt die Straße südwärts Richtung "Chañaral". Kurz davor biegen wir nach Osten ab, wir wollen über den "San-Francisco-Paß" nach Argentinien einreisen. In "Diego de Almagre" tanken und füllen wir nochmals unsere Lebensmittelvorräte für die nächsten 3 Tage auf. Wir schaffen an diesem Nachmittag nur noch knappe 50km, dann müssen wir das Zelt in einer relativ engen Schlucht unmittelbar neben der Straße aufschlagen. Völlig überraschender weise donnern innerhalb der nächsten Stunden an die 20 Busse an uns vorüber. Offensichtlich fahren sie die Minenarbeiter aus den Bergen hinunter an die Küste in die größere Stadt "Chañaral". Als dann auch noch zwei Mal ein alter Dieselzug vorbeidröhnt, gebe ich die Hoffnung auf eine ruhige Nacht schon fast auf. |
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Tags drauf starten wir zeitig, denn die Sonne brennt wieder einmal erbarmungslos vom blauen Himmel herunter. Die Schotterstraße ist in einem akzeptablen Zustand und langsam schrauben wir uns in den Anden wieder höher und höher hinauf. Wir rattern an einer Lagune entlang und sehen Vulkankegel im Hintergrund. "Hatten wir diese "Fototapetenbilder" nicht erst neulich in Bolivien?" fragen wir uns. An der Polizei- / Zollstation regeln wir den Papierkram, aber immerhin sind es noch 107km bis zur eigentlichen Grenze. Wir fahren jedoch nur noch 38km bis wir die "Cascadas de Rio Llama" auf 4200m erreichen. Der Platz neben den Wasserfällen gefällt uns auf Anhieb sehr gut (und mit Sicherheit fahren hier keine Busse mehr vorbei). Vom wolkenlosen Himmel wärmt uns die Sonne, obgleich es ziemlich windig ist. Nach dem Kochen - es dauert über 2 Stunden in der Höhe - verschwinden wir gleich im Zelt, denn ohne Sonne ist es schnell im wahrsten Sinne des Wortes "schattig" geworden. Am nächsten Morgen ist es saukalt, draußen waren mindestens -15°C in der Nacht, denn dicke Eisplatten säumen rechts und links den - doch ziemlich reißenden - Bach. Im Zelt zeigt das Thermometer immerhin Plusgrade an - wenn auch nur Einen! |
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Leider steht das Zelt unerreichbar für die ersten zart-wärmenden Sonnenstrahlen hinter einem Felsen, so daß es bis 8:30 Uhr dauert, bis endlich die Sonne auf das Zeltdach scheint. Wir sitzen und frühstücken im Zelt, nicht gerade gemütlich, aber immerhin ohne allzu frostige Finger. Die Schotterpiste wird nun
schlechter und steigt nochmals um 150m an, bis zur "Laguna
Verde" (von Chile). An einer weiteren Polizei-Station werden
nochmals unsere Papiere kontrolliert, dann geht´s weiter hinauf
zum "Paso San Francisco" auf 4750m. Auf argentinischer
Seite empfängt uns zwar kein "Bienvenidos - a - Argentina"
- Schild, dafür aber eine tadellos asphaltierte Straße, die
von nun an kontinuierlich (ungelogen) über 200km!!! bergab
bis ins 1500m tief (hoch) gelegene Fiambala führt. |
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Wir suchen die natürlichen "Termas de Fiambala" auf und erfreuen uns nicht nur an den angenehmen Außentemperaturen von 25°C abends um 20:00 Uhr, sondern viel mehr an den 10 Thermalbecken, die in kaskadenartiger Anordnung in die Landschaft integriert wurden. Im obersten Becken herrschen gute 50°C vor, im untersten sind es immerhin noch 36°C. Zwischendrin findet man garantiert einen Pool, der einem beliebt. So einen "coolen" 3. Advent hab ich meinen Lebtag noch nicht erlebt! Von Fiambala fahren wir mehr oder weniger geradewegs nach Süden, besuchen den Nationalpark "Talampaya" mit seinen beeindruckenden über 100m senkrecht aufragenden Canyon-Wänden und quälen uns tagelang über hunderte von asphaltierten Kilometern durch öde, unspektakuläre, trockene, sandig-windige Regionen bis nach Mendoza. |
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In Mendoza gefällt
es uns gut, was nicht nur an den vielen, vielen großen, schattenspendenden
Laubbäumen in der Stadt, sondern zusätzlich an der größten
argentinischen Weinregion liegt. Auf dem Camping "Suizo"
richten wir uns häuslich ein, Ricardas Geburtstag sowie Weihnachten
und Sylvester stehen vor der Tür. |
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Nach Weihnachten will er die Inspektionen durchführen und organisiert für uns einen neuen Stoßdämpfer, den wir kurz vor Sylvester von BMW-Argentinien auf Garantie erhalten. Zum Glück, denn was in Deutschland 468 Euro + Mwst. kosten würde, müßten wir in Argentinien mit 917 (!) Dollar bezahlen. An Ricardas Geburtstag besichtigen
wir die Bodega "San Felipe", die ein eigenes, interessantes,
kleines Museum unterhält. Heiligabend und den (ersten - es gibt hier
nur einen) Weihnachtsfeiertag verbringen wir mit dem jungen, englischen
Zeltnachbarpaar
auf dem Campingplatz. Wie die Profis zaubern wir ein ordentliches, argentinisches
"Asado", was eigentlich "Braten" bedeutet,
aber was man vielleicht am Besten mit "Grillfest" übersetzt.
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Gemeinsam besichtigen wir eine weitere Bodega inkl. Weinprobe und füllen die Wein - Vorräte für den Sylvester-Abend auf. Klaro, daß wir auch für Sylvester ein Asado vorbereiten. Eric kauft am Sylvester-Nachmittag noch eine schöne, "künstlich" aussehende Torte, die er kurz vor Mitternacht anschneidet. Sie schmeckt etwas "streng" - möchte man sagen - und der Blick unter den Tortenboden offenbart das Desaster: Eine dicke Schicht Grünschimmel hat sich breit gemacht und beschert Eric den Titel des "Wizard of Death Cake 2003", nachdem Ricarda bereits nachmittags zur "Mrs Emfanata 2003" gekürt wurde. Die Argentinier begrüßen das neue Jahr - wie wir in Deutschland - mit leuchtenden Raketen und krachendem Feuerwerk. Am 3. Tag des neuen Jahres verlassen wir nach 2 Wochen den Campingplatz in Mendoza. 20km südlich der Stadt biegen wir nach Westen Richtung Chile ab. Die Straße ist gut ausgebaut und fast verkehrsfrei. Wir kommen zügig und nichts Böses ahnend voran. Ohne weiter darüber nachzudenken, überholen wir ein auf dem Randstreifen fahrendes Polizeiauto, kurze Zeit später überholt das Polizeiauto uns und hält uns an. Angeblich sind wir viel zu schnell gefahren, und jeder soll 100 US-$ Strafe zahlen und für 3 Tage den Führerschein abgeben. |
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Für uns völlig inakzeptabel, zumal wir den Eindruck einer gewissen "polizeilichen" Willkür verspüren. Wir diskutieren eine ½ Stunde herum, dann fällt mir ein, daß ich doch noch dieses Abzeichen und die Adresse des Motorrad-Polizisten aus Mendoza irgendwo im Koffer habe. Stolz präsentiere ich das Abzeichen und unterstreiche mit der Adresse, einen Polizisten aus Mendoza zu meinen "amigos" zählen zu dürfen. Die Sache zieht, es kommt Bewegung in die Angelegenheit. Die Polizisten lassen sich auf einen "Deal" ein. Wir zahlen insgesamt 28 US-$, behalten die Führerscheine und bekommen dafür keine Quittung ausgestellt. Gut, damit haben wir zwar die Polizisten "geschmiert", was aber für uns mit Abstand die beste Alternative war.
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Nach einigen Tagen machen wir
uns wieder auf den Weg: Geradewegs Richtung Süden, so daß
wir Santiago "links" liegen lassen. Soweit möglich,
versuchen wir die Panamericana zu meiden, doch immer wieder stoßen
alle Landstraßen auf diese eine Nord-Süd-Verbindung. An 3 aufeinanderfolgenden
Tagen zeigt der Tageskilometerzähler abends jeweils 345km
an - fast unglaublich! Mittlerweile haben wir Pucón zwischen Lago
und Vulkan "Villarrica" erreicht. Auf einem "ECO-Camping"
direkt am See komme ich mit der Besitzerin ins Gespräch. Sie ist
sehr nett und erst vor 6 Jahren von Deutschland nach Chile ausgewandert.
Sie macht für uns einen Motorrad-Sonderpreis - wir bleiben.
Am nächsten Morgen bekommen wir bereits vom Campingplatz aus die
Rauchfahne des aktiven Vulkans "Villarrica" zu Gesicht.
Später fahren wir mit dem Motorrad so weit hinauf, wie möglich.
"Klingt gut,
gell"
- aber hier oben (ca.
1000m unterhalb des Gipfels) befindet sich das "Skizentrum Pucón".
Trotzdem genießen wir die Aussichten über die umliegenden Seen,
schneebedeckten Berge und Vulkane. |
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Um 21:00Uhr sind wir zurück an unserem Zelt. Ich sammle Holz zusammen und zünde ein Feuer an. Als das Holz heruntergebrannt ist, stelle ich fest, daß sich der Grillrost viel zu hoch über der Glut befindet. Entweder muß man mehr Glut produzieren oder einen anderen Grillrost beschaffen - beides ist zu dieser Uhrzeit kaum möglich. Also versuche ich dicke Steine unter die Glut zu schieben, so daß die Hitze dem Grillrost näher kommt. Das funktioniert leider gar nicht, und die (schlechte) Glut ist plötzlich aus und verschwunden! Es ist 23:30Uhr und ich bin völlig entnervt. Ricarda würde nun das Fleisch in der Pfanne (nebenbei besitzen wir gar keine, es müßte also ein Topf sein) brutzeln wollen, aber da mache ich nicht mit. Zufällig läuft der Nachtwächter vom Campingplatz vorbei und zeigt mir eine Stelle, wo es anderes, gutes Brennholz gibt. Na ja, warum denn nicht gleich so. Das Holz knistert und prasselt innerhalb weniger Minuten lichterloh und das 2. Feuer brennt satt. Um 1:00Uhr nachts sind dann die leckeren (weil mittlerweile lange genug eingelegten) pollo-pechugas (Hühnerbrust) und Steaks fertig gegrillt! | |
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3 Tage später auf dem Campingplatz in "Frutillar" am Lago "Llanquihue" ist mein Geburtstag. Morgens bereitet Ricarda ein Geburtstagsfrühstück vor, ich muß nur noch die Brötchen im Ort besorgen. Klar, kein Problem - außer daß es regnet. Nach dem Frühstück schaue ich mal bei den Motorrad-Nachbarn vorbei, sie sprechen deutsch, fahren aber mit einem chilenischen Motorrad herum. Es sind Astrid und Jochen aus Köln. Sie haben das Motorrad geliehen und sind nun nach 5 Wochen auf dem Rückweg nach Osorno. Jochen ist gebürtiger Lüdenscheider, und dementsprechend sind Aussprache und die lockeren Sprüche, woll?!? In den nächsten 2½ Stunden können Ricarda und ich uns vor Lachen kaum halten, ein Gag jagt den nächsten... Ohne ´was von meinem Geburtstag zu verraten, verabreden wir uns abends zum gemeinschaftlichen Grillen. Gegen 19:00Uhr werfe ich das Feuer an (diesmal gibt es gleich gutes Holz), Jochen mischt tatkräftig mit, Astrid bereitet Bratkartoffeln vor, denn die beiden besitzen eine Bratpfanne (Neid kommt auf). Kurz bevor das Feuer ´runtergebrannt und die rote Glut fertig ist, meint Astrid, sie müsse jetzt schon mal eines der 600-Gramm-Steaks in der Pfanne (!) braten. Kaum zu glauben, aber sie tut es tatsächlich. Nebenbei leeren wir eine Flasche Pisco-Sour, dann grillen wir die restlichen dicken Steaks, Hühnchen- und Fleischspieße. Dazu gibt es knusprige Bratkartoffeln. Das ist doch mal ein Geburtstagsessen ganz nach meinem Geschmack! Astrid ist um 23:00Uhr bereits soweit angetrunken, daß sie ins Bett muß. Ricarda hält es eine weitere Stunde länger aus, dann ist auch sie todmüde. Mit Jochen stehe ich noch am Feuer, wir teilen uns deren letzten Rest Whisky. Vor Müdigkeit schlägt er plötzlich geradewegs nach vorne über ins Feuer. Zum Glück kann er irgendwie schnell reagieren, es passiert ihm nichts weiter. Für uns ist es das Zeichen, nun ebenfalls zu Bett zu gehen. |
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Zum Glück müssen wir am nächsten Tag nur 50km bis Puerto Montt fahren. Dort können wir bei Bekannten (wiedereinmal um 5 Ecken) einige Tage wohnen. Konrad (deutsch-chilenisch) und seine Frau Evelyn (schwedisch-chilenisch) sind überaus hilfsbereit und gastfreundschaftlich, wir fühlen uns sofort wohl und heimisch unter deren Dach. Die Haushälterin Rosa serviert 3 Mal täglich leckere und reichhaltige Mahlzeiten. An einem Tag gibt es hausgemachte "Empanadas con pino", am nächsten Tag "Cazuela de Pollo" und an einem anderen Tag "Mote con huesillo". Auch Evelyn kocht für uns, den für diese Region typischen "Salmon del Orno". Wir erkunden Puerto Montt, landen im Fischhafen "Angelmo". Dort gibt es in den kleinen Restaurants jede Menge Lachs (Salmon) zu probieren und das deftige "Curanto": Das ist eine "Komposition" aus Rindfleisch, Rippchen und Huhn auf einem Bett von Meeresfrüchten! Wie das schmeckt? Ehrlich gesagt wissen wir das nicht, an diese Kombination haben wir uns nicht herangetraut. |
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