25.11. - 30.11.2002: Die mit den Flamingos tanzen (Torsten) | ||
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Nach einer fast durchregneten
Nacht packen wir morgens im Regen das triefnasse und völlig versandete
Zelt ein. Auf der folgenden Sandpiste steht teilweise 20cm hoch
das sandige Schlammwasser in weit ausgedehnten Pfützen. Die Fahrt
- sofern man davon reden mag - artet in eine "Gurkerei"
aus. Zum Glück bessern sich im Laufe des Tages sowohl Weg als auch
Wetter, so daß wir spätnachmittags bei leichtem Sonnenschein
den Ort Uyuni am Rande des Salars erreichen. Im Hotel "Avenida"
gibt es gute Waschmöglichkeiten für das Equipment - und für
uns. Wir treffen auf die Motorradfahrer Tiffany, Alon und Rob, die sich
an diesem Tag die Salarüberquerung nicht zugetraut haben,
sah es doch morgens in Uyuni noch sehr regnerisch aus. Morgen allerdings
wollen sie es versuchen... Diese Aussage läßt uns hoffen, vielleicht
können wir ja doch noch über den Salar fahren. Am nächsten Morgen verabschieden
wir die 3 Wagemutigen bei einem gemeinsamen Frühstück
in der Markthalle. Anschließend holen wir Erkundigungen bezüglich
der Befahrbarkeit des Salars bei allen möglichen verschiedenen Leuten
ein. "Ja, es hat vor einigen Tagen geregnet". "Der
Salar ist trocken". "Nein, der Salar ist nicht trocken,
doch es steht nur an wenigen Stellen Wasser auf dem Salz". "Ja,
es gibt Stellen, da steht bis zu 5cm hoch Wasser auf dem Salz, aber das
ist kein Problem". "Klar, kann man über den Salar
fahren". "Mit dem Motorrad würde ich besser nicht über
den Salar fahren". Soviele Leute wir fragen, soviele unterschiedliche
Antworten bekommen wir - ist ja auch logisch, warum sollte es ausgerechnet
hier anders sein, als im restlichen Bolivien! Schließlich kristallisieren
sich die Aussagen zu einem 7:3 FÜR eine Salarüberquerung
heraus, allerdings müssen wir gleich morgen fahren, denn in 2 Tagen
soll schon die nächste Regenfront von Chile herüber ziehen.
Wir machen schleunigst unsere Ausrüstung wieder fit und holen noch
die Ausreisestempel, denn an der Grenze zu Chile gibt es keine
Stempel mehr. |
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Tagebuchauszüge vom 26.-30.11.2002 /26.11.\
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Allerdings schaffen wir es
nicht bis zu der bekannten "Isla
Pescado", ein 5cm tiefer, aber mindestens 15km großer
See hält uns davon ab. Wir "begnügen" uns mit einer
anderen Insel, aber dennoch ist das Erlebnis grandios. Auf jeder
der Inseln, die Überbleibsel der früheren vulkanischen Aktivität
sind, wachsen endemisch jeweils unterschiedliche Kakteenarten.
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Zum Glück können wir hinter dem Haus die Motorräder mit Wasser aus einem Schlauch von der dicken Salzkruste befreien, so daß das Thema "Salzkorrosion" erst einmal vergessen ist. Freundlicher weise bekommen wir in der Hospedaje sogar etwas zu essen, obwohl wir uns ja nicht, wie die Jeeptouren, angemeldet hatten. /27.11.\
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Nach 15km, wir denken - nahe dem Ende des Salars - müssen wir uns an einem Militärposten registrieren. Doch nochmals zieht sich der "weiche Weg" 5km weiter, bevor wir wieder "festen Boden" unter die Räder bekommen. Der Wegbelag, über den nur die Tourjeeps fahren, wechselt von steinig bis sandig. Im Sand sinken wir manchmal bis zu 15cm tief ein und "eiern" so vor uns hin. Insgesamt ist der Weg aber noch befahrbar. Nach einer kleinen Pause steigt die Strecke an. Dicke, grobe Wackersteine bilden den Belag, Ricarda streikt ein bißchen. So fahre ich immer wieder ihr Motorrad über die ganz schlechten Teilstücke hinweg. Dann wird es an einer sehr steilen Steigung richtig fies grob und heftig steinig, halbe Felsblöcke ragen aus der Piste hervor. Ich schaffe gerade so die Steigung, komme etwas von der angepeilten Richtung ab, das Motorrad galoppiert holpernd bergauf. Oben angekommen, stelle ich die Maschine ab und bin auf dem Weg zurück zu Ricarda. Ausgerechnet dieses Mal ist sie - todesmutig - schon losgefahren und an der schwierigsten Passage satt auf die linke Seite geknallt. Ihr ist zum Glück nichts weiter passiert. Das Motorrad liegt zu ¾ kopfüber auf der Seite, streckt die Räder nahezu senkrecht in die Höhe. Ricarda wankt um das Motorrad herum, sie ist völlig aufgelöst, ein paar Tränen kullern über ihre Wangen - der Kupplungshebel ist abgebrochen. Wir richten das Motorrad wieder auf, dann tröste ich sie erst einmal. Ein paar Minuten später hat sie sich wieder beruhigt, ich fahre ihr Motorrad den restlichen Berg hinauf und stelle es oben neben meinem ab. Plötzlich ein lauter Knall, eine riesige Wasserlache unter dem Motor. "Uhiii-uiiih", denke ich, "ist wohl irgendwie zu heiß geworden, da müssen wir eine kleine Pause einlegen". Ricarda ist mittlerweile auch den Berg hinauf gelaufen und entdeckt sogleich die lecke Stelle: Der Wasserschlauch ist vom Stutzen der Wasserpumpe abgeplatzt. Zum Glück ist nicht der Wasserschlauch selbst kaputt gegangen. Mit Hängen und Würgen bringe ich die Schelle mit Hilfe des "Leatherman-Tools" wieder über den Schlauch und den Wasserpumpenstutzen. Von jetzt an muß ich mehrere Teilstücke zweifach fahren und zwischendurch von Motorrad zu Motorrad laufen. Ricarda traut sich gerade nicht mehr so viel zu und so ist es die sicherere Variante. Wir schaffen gerade mal noch 10 weitere Kilometer, dann geht nichts mehr, ein Warnlämpchen am Motorrad leutet auf, der Motor ist zu heiß. | |
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Okay, es ist noch keine 15:00
Uhr, wir sind bis jetzt ganze 63km gefahren, suchen wir in dieser
trockenen, steinigen, mit hohen
Bergen umringten Gegend einen passendes Plätzchen zum Campieren,
dann kann ich mich nochmals intensiver um das Motorrad kümmern. Unser Wasservorrat beträgt
8 Liter, die Menge hatte sonst für 1 Tag spartanisch campieren gereicht.
Jetzt muß ich aber erst einmal den Kühlwasserbehälter
des Motorrads damit auffüllen und Kühlflüssigkeit,
die wir seit Cusco (Peru) spazieren fahren, nachgießen. Insgesamt
1,5 Liter fehlten im Kühlsystem, nachdem der Schlauch abgeplatzt
war. Nach einer kurzen, tiefsandigen Testfahrt ermuntere ich Ricarda:
"Nun sieht das Moped wieder aus "wie neu", und fährt
auch so. Jetzt können wir `was zu essen machen, und den restlichen
Abend an diesem ruhigen, verlassenen Ort genießen." |
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/28.11.\
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Irgendwann erreichen wir eine geschobene Piste mit nicht mehr ganz so tiefer Asche, dafür aber mit unerbittlichem Wellblechprofil. Plötzlich tauchen auf der linken Seite bizarre Felsen auf, wir halten zum kurzen Foto-Shooting, weiter geht´s. Die Wellblechpiste ist mittlerweile so schlecht geworden, daß ich wieder neben der Piste in loser, grober Vulkanasche meine eigene Spur ziehe. Leider ist die Asche diesmal so weich, daß ich mich irgendwann mit Tempo 30 "auf den Bart" packe. Wieder muß der rechte Alu-Koffer dran glauben, diesmal reißt es die Koffer-Halterung komplett heraus. Moped wieder aufrichten, den Koffer mit einem zusätzlichen Expander sichern, "schon" geht die Fahrt weiter. Bis zum Campamento (Wasser und Unterkunft) an der "Laguna Colorado" sind es "nur" noch 20km. Aber diese 20km haben es nochmals in sich. Wir benötigen eine lockere Stunde dafür, immer wieder ist die Piste tief sandig oder grob wellblechartig. Schließlich sind wir an diesem Nachmittag mit unseren Kräften auch ziemlich am Ende. Bei einigen Stürzen haben wir uns beim Abstützen übel die Fußknöchel unter den Alu-Koffern verklemmt, so daß wir ohne Hilfe des Anderen nicht unter dem Motorrad heraus gekommen wären. Das Umkipp- Hinfall- Verhältnis geht am Ende dieses Tages mit einem knappen 4:5 zu meinen Gunsten aus. |
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Gegen 17:00 Uhr erreichen wir dann endlich das Campamento der Laguna Colorado. In einem Schlafraum mit 5 Betten dürfen wir uns ausbreiten. Abends sitzen wir zwischen den Touristen dreier unterschiedlicher Jeeptouren und kochen uns eine Kleinigkeit. Vom Nachbartisch bekommen wir noch übrig gebliebene Spaghetti mit Tomatensoße angeboten, die ich gerne annehme. Recht bald darauf verkriechen wir uns völlig erledigt in unseren Schlafsäcken. Es war wieder einmal ein sehr harter Tag, wohl der härteste unserer bisherigen Reise! /29.11.\ |
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Die nächsten 15km sind erneut tiefer Asche- Schotter, jedoch der letzte, den wir in dieser Form durchfahren müssen. Danach steigt der Weg an. Er ist neu geschoben und präpariert, wir kommen ganz gut voran. Irgendwann zeigt das GPS über 5000 Höhenmeter an, dann fällt der Weg wieder leicht ab. Vorbei geht es an rauchenden und dampfenden Geysiren. Nach 65km ist Schluß für heute, wir haben unser Tagesziel, die "Aguas Termales" am Rande einer großen Laguna auf 4300m Höhe erreicht (unser wohl höchstes Zeltlager). Es ist früher Nachmittag, noch scheint die wärmende Sonne vom wolkenlosen Himmel. Wir bauen schnell das Zelt auf, dann suchen wir uns einen "netten" Naturpool mit herrlichen 38°C und baden ausgiebig. Keine Seele weit und breit stört uns und dieses einmalige Plätzchen, abgesehen von den Flamingos, die unweit von uns durchs Wasser "tänzeln". | |
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Abends machen wir noch das "Fläschl" Wein auf, daß uns Freunde Wochen zuvor in einem "Care-Paket" haben zukommen lassen (Danke schön, Gesine und Claus). Es ist beinahe ein festlicher Abend, die Sonne taucht die umliegenden 5-6000er in verschiedene Orange-, dann Rot- und schließlich Violett-Töne. Zugleich breitet sich ein wenig Melancholie aus, denn dies ist unser letzter Abend nach fast 2 ½ Monaten in Bolivien. Mir (uns) ist das Land ans
Herz gewachsen, so vielfältig, grandios und großartig
zugleich. Wir haben in Bolivien so viele nette Menschen getroffen und
kennengelernt, an die wir sicherlich unser ganzes Leben lang gerne zurückdenken,
angefangen bei Jonny (go home), über Herbert
von Sapecho und natürlich Kurticito
in Santa Cruz, der uns wiederum zu Teresa
und Clodomiro nach Sucre und zu seinem Cousin Carlos
Wille nach Potosí geschickt hat. |
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/30.11.\
6:30 Uhr, Zeit zum Aufstehen, denn in der Ferne höre ich schon die ersten Tourjeeps die Stille stören. Innerhalb der nächsten Stunde fallen 15 (!) Jeeps, mit jeweils 6-7 Touristen bei den Aguas Termales ein. Zu zwanzigst tummeln sich die Leute an und in einem kleinen Pool, ein Bild des Grauens! Wir sitzen etwas abseits, frühstücken genüsslich und beobachten die erschreckende Szenerie. Einmal kommt eine "besonders nette" Frau bei uns vorbei, und gibt uns auf spanisch zu verstehen, daß wir doch auch mal in so einen Pool hineinsteigen sollten, es wäre so schön. "Denkste Puppe, wir hatten die Pools am gestrigen Nachmittag ganz für uns alleine!" hätte ich ihr am liebsten auf spanisch erwidert. Pünktlich um 9:00 Uhr ist der Spuk vorbei. Die Jeeptouren sind alle wieder unterwegs. |
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Wir packen gemütlich unsere
Sachen zusammen, beladen in aller Ruhe die Mopeds und machen uns gleichfalls
auf den Weg. Vorbei geht es am "Valle de Dalí",
abermals hinauf über einen 4700m hohen Paß, aber diesmal ist
der Weg gut. Hinter einer weiten Fläche mit großen frostgesprengten
Felsblöcken erreichen wir gegen Mittag die "Laguna Verde".
Eine halbstündige Auszeit am Rande der Laguna genehmigen wir uns
noch zum Genießen und Flamingos
fotografieren, bevor wir die letzten 7km zur bolivianisch-chilenischen
Grenze antreten, und damit dieser umwerfenden Landschaft Lebewohl
sagen müssen. Die Papierformalitäten sind schnell erledigt,
schließlich haben wir unsere Ausreisestempel ja schon seit einigen
Tagen im Reisepaß. |
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Freudenschreie und Jubelrufe tönen unter Ricardas Helm hervor. "Endlich haben wir es geschafft, endlich mal wieder eine asphaltierte Straße und keine "blöde", steinige Jeeppiste mehr". Jetzt geht´s bergab, und zwar richtig! Nahezu geradlinig stürzt die Asphaltstraße im Winkel von 10-15° die nächsten 30km bis ins 2400m "tief" gelegene, sonnig-heiße San Pedro de Atacama. Unmittelbar vor dem Ort erfolgt
die chilenische Polizei-, Zoll- und Freßalien-Kontrolle. Mein Moped
bekommt sogar noch eine Reifen-Desinfektionsdusche! Wir fahren
ein Stück in die"merkwürdig" anmutende Oase
am Rande der Atacama-Wüste hinein, dann sehen wir 5 Motorräder
vor einem Kiosk stehen: vier Deutsche und ein Holländer - Zivilisation,
du hast uns wieder! Fazit:
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Nachtrag: |
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